Nana Hülsewig befasst sich in ihren künstlerischen Arbeiten häufig mit dem Körper, der geprägt ist von stereotypischen, heteronormativen Betrachtungsweisen und von den Reduzierungen als Objekt. Oftmals setzt sich Nana mit gesellschafts geprägten Geschlechtszuschreibungen und Schönheitsidealen auseinander und überführt diese in Texte, Malereien, Zeichnungen und Interaktionen sowie in Performances, die primär als Kollektiv, wie zum Beispiel NAF, oder in Kollaborationen mit weiteren Akteur:innen stattfinden. Dabei schafft Nana Sichtbarkeiten für individuelle Ausdrucksformen von Schönheit und stellt Ideale sukzessiv in Frage bzw. überführt diese durche einen betonenden oder gar übertrieben Ausdruck in eine kritische Auseinandersetzung von Eigenbestimmung und Fremdbestimmung. Nana reibt sich an Normen und versucht diese immer zu brechen, umzudenken, zu dekonstruieren oder gar hinter sich zu lassen.
Die Performances von Nana, ob Solo oder in Kollektiven, bestechen immer durch ihren Detailreichtum: von dem Setting oder Bühnenbild, den ausgewählten Requisiten, dem Styling, der Körpersprachen und dem Kostüm. Möglichst alle Aspekte von (stereotypischen) Zuschreibungen, Kleidungscodexen, Verhaltensweisen und Handlungen werden analysiert, sich angeeignet und in eine humorvolle Rolle übersetzt. Dabei ist das Kostüm ein wichtiges Vehikel um Rollen zu verdeutlichen, diese zu überspitzen und Gesellschaft potenziell ein Spiegel vor zu halten, mit dem Betrachter:innen umgehen müssen.
Aktuell befasst sich Nana, für ein kommendes Performance-Projekt, mit der Haute Couture Mode und dessen handgefertigten Kleidungsstücken in Maßarbeit, die nicht nur Schöheitsideale des meist weiblichen Körpers untermauern sondern diesen auch in Form zwingen. Der Körper passt sich also dem Kleidungsstück an und nicht andersherum. Dem Stil der Kleidungsstücke, vor allem Kleider, aufgreifend, entscheidet sich Nana für ein radikales Umdenken des Materials und entwirft handgestrickte Kleidung/Kleider, die sich an den Körper schmieden und sich gleichzeitig mit ihm bewegen, dehnen und atmen. Im Rahmen von dis-play wird Nana uns einen Einblick in ihre aktuelle Arbeit und Recherche geben, uns mitnehmen in wollige Geflechte und vor Ort einzelne Teile der Performance entwickeln und erproben.
Ausgehend von ihrem Material Wolle und der händischen Arbeit des Strickens, recherchiert Nana zu den mathematischen Zusammenhängen der einzelnen Maschen und dessen netzartiges Geflecht. Entgegen zu der vermeintlichen Geradlinigkeit, in der wir unsere Welt erschaffen haben, mit Gitternetzen aus Straßen, Wegen und Häuserfassaden sowie aus Rechtwinkligen Formen, wimmelt es in der Natur von geschwungenen, gekräuselten und aufeinander aufbauende Formen, die zu beweglichen, amorphen und dennoch ultra stabilen Konstruktionen führen. Diese Konstrukte werden auch als Hyperbolischer Raum bezeichnet und beschreiben die Möglichkeit, einen Punkt unendlich oft mit einer Linie zu schneiden, ohne eine weitere Linie zu kreuzen. Diesem Phänomen spürt Nana in ihren Kostümen mit der Stricknadel nach.
Nana schreibt Listen über das Frausein, über Feminismus, über unterschiedliche Zustände, über Liebe und vieles mehr. Dabei dienen diese Listen als einfach Auflistung, als Kommentar, als Aneinanderreihung von Beobachtungen, Schlagwörtern und Fragen, als Diskurs und für die aktuelle Produktionen “Amöben” als Grundlage von Songtexten. Die niedergeschriebenen Wörter gleichen einem Geflecht aus Imagination, Hinweisen und visuellen Beschreibungen. Für dis-play läuft die Liste “Abendkleid” über die Laufschrift im Container.
Nana Hülsewig ist Künstler:in, Performer:in und Kostümbildner:in, lebt in Stuttgart und arbeiten im Bereich der Performance und schreibt Texte, Songs und Drehbücher. Seit 2010 arbeitet Nana vermehrt mit Interaktionen im öffentlichen Raum und analysiert diesen als Verhandlungsort von gesellschafts-politischen Themen und als Bühne. 2016 gründete Nana die Performancegruppe NANA&FRIENDS und realisierte in diesem Zuge einige Produktionen mit Günter Brombacher. 2013 begann Nana ihre Zusammenarbeit mit dem Künstler:innenkollektiv NAF – Unter dem Titel NORM IST F!KTION erarbeiteten Nana und Fender Schrade verschiedenste Projekte im Theater, in Museen, im Kino, in Shoppingmalls und im öffentlichen Raum. Ihre Projekte verwirklichte Nana in Kooperation mit Gastkünstler*innen, der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig und dem Theater Rampe Stuttgart. Mehr Infos über Nana: www.naf.space
Im Rahmen von dis-play war Doris Weinberger Tandempartner:in von Evgenija, gemeinsam hat ein Künstler:innengespräch mit Mari Lena Rapprich am 29. Juni um 19 Uhr im/am CIAO Ausstellungscontainer stattgefunden.