Klara Meinhardt untersucht in ihren Arbeiten das Spannungsverhältnis zwischen Zweidimensionalität, Relief und Skulptur. Dabei dienen analoge und digitale Fotografien als Ausgangspunkt für die skulpturalen und bildnerischen Arbeiten. Mit dem Kontaktabbildverfahren der Cyanotypie schichtet Klara diese Aufnahmen in mehreren Ebenen auf großformatige Leinwände oder nutze sie als Vorlage, um Skulpturen über das Abgussverfahren zu erstellen. Der Fokus dieses Transformationsprozesses, der Zweidimensionalität zur Dreidimensionalität und zurück, liegt auf der erweiterten Wahrnehmung von Oberflächen. Durch die Verwendung verschiedener Medien wird die Oberfläche selbst ein Effekt dieser Transformation. Als Referenz steht dabei die Haptik des urbanen Raums: Betonfassaden werden als Motiv auf Leinwände belichtet, durch Zuschnitt aus der Fläche herausgenommen und in Form von Kleidung skulptural und performativ präsentiert.
Seit 2020 arbeitet Klara an dem Projekt “Living Picture” welches sich mit Cyanotypie-Mode, Schönheitsidealen/-merkmalen und Werbung auseinandersetzt. Im Rahmen von dis-play präsentiert Klara ihre bisherige Kollektion, bestehend aus 10 Outfits, und lässt diese durch ihrer meme performance in ein lebendiges Bild transformieren. Dabei kann “Living Picture” für verschieden Teilaspekte ihrer Arbeit stehen – die starren Häuserfassaden und Industriekulturen werden auf beweglichen Stoff transformiert, das Kleidungsstück wird von einem Menschen angezogen, dieser bewegt sich darin, tanzt, performt und posiert, wenn nun jemand ein Selfie mit sich und den Kleidungsstücken macht und dieses im Sozialen Netzwerk teilt, wird ein weiteres lebendiges Bild erzeugt, welches sich in die moderne Betrachtung von Fotografie einschreibt.
Im Rahmen des fortlaufendes Projektes “Living Pictures” recherchiert Klara zu klassischen Bildbetrachtung in Museen und den verschiedenen Inszenierungsformen und Reproduktionsformen. Dafür greift Klara auf soziologische Studien über Museumsbesucher:innen zurück, die Verhaltensmuster eines Museumsbesuchs analysieren, und entwickelt daraus performative Situationen und Performance. Der Fokus liegt dabei auf den verschiedenen Verhaltensweisen von Besucher:innen beim Bewegen und Betrachten in Ausstellungen und Ausstellungsräumen. Unter anderem bezieht sich Klara auf die Texte von John Falk, der zu den unterschiedlichen Museumsbesucher:innen geforscht hat und diese grundlegend, ausgehend von ihrer Motivation, in verschiedene Typen kategorisiert: 1. professional/hobbyist 2. The facilitator 3.the recharger 4. Explorers 5. Experience Seekers. Alle Typen folgen ein und demselben Muster bei ihren individuellen Museumsbesuchen aus vier Phase: 1. Orientierung 2. Intensives Schauen 3. Museum "fatigue": Ausstellungscruisen 4. Besuch beenden.
Mit den Kleidungsstücken kreiert Klara performative Situationen (Meme-Performances), in denen sie die Besucher:innen dazu einlädt die Kleidung anzuziehen und mit ihnen in Interaktion zu gehen – Dabei treten Kleidung, Körper, Ort und Körperhaltung in einen Erzählprozess und werden bestenfalls durch ein Selfie fixiert.
Für ihre (halböffentlichen) Performances entnimmt Klara den Studien verschiedenen Schlagwörter, die sie ihren Performer:innen zur freien Improvisation an die Hand gibt, um zu einer improvisierten Bewegungsabfolge zu gelangen, wie zum Beispiel Orientierung, intensives Schauen, Cruisen, Betasten der Werke. Auch hier geraten Performer:in, Kleidung, Körper und Bewegung in einen spielerischen sowie fließenden Prozess des Erzählens und der Reproduktion von Bildbetrachtungen.
Im Rahmen von dis-play hat Klara mit Carla Anacker als Performer:innen zusammengearbeitet, um freie Improvisationen, Bewegungen und Körperspannungen zu erprobt. Dabei sind sehr unterschiedliche, sinnliche Soft Sculpture Performances entstanden, die sich zum einen an den unterschiedlichen Typen von Museumsbesucher:innen und den analysierten Mustern eines individuellen Museumsbesuches abarbeiten und zum anderen das fotografische Abbild, die Mehrfachbelichtung und die übereinander gelagerten Schichten in einen weiteren Layer mit einbinden.
Klara Meinhardt ist Künstler:in, lebt aktuell in Leipzig und arbeiten mit Cyanotypien – einer der ältesten (fotografischen) Kopiertechniken. Klara studierte Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und performative Künste und Bildhauerei bei Monica Bonvicini an der Akademie für Bildende Künste Wien. 2015 absolvierte Klara das Meisterschüler:innenstudium im Fachbereich Medienkunst, Klasse für Installation und Raum, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seitdem arbeitet Klara freischaffend. Mit ihren Arbeiten nahm sie an nationalen und internationalen Ausstellungen teil, unter Anderem im Museum der Bildenden Künste Leipzig (2020), der Triennale für Fotografie in Genf (2019), der Jahresausstellung der Darmstädter Sezession (2016) und dem Grassimuseum für angewandte Kunst Leipzig (2015). Sie wurde mit Arbeitsstipendien und Residenzaufenthalten prämiert unter Anderem vom CCA Andratx in Mallorca (2017), 2019 arbeitete sie mit einem Jahresstipendium des DAAD in Athen und 2021 erhielt sie ein Residenzstipendium des Goetheinstitut Nancy/Straßburg in Mulhouse. 2016 kuratierte sie die Ausstellung “Potnia Theron – das Tier in Wissenschaft und Kunst” in der Altana Galerie der Technischen Universität Dresden. Von 2015 bis 2017 war sie Dozentin der Abendakademie der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und von 2017 bis 2019 erhielt sie einen Lehrauftrag im Fachbereich Medienkunst der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Mehr Infos über Klara: www.klarameinhardt.com
Im Rahmen von dis-play war Sara Förster Tandempartner:in von Evgenija, gemeinsam hat ein Künstler:innengespräch mit Anne Krönker am 13. Juli um 19 Uhr im/am CIAO Ausstellungscontainer stattgefunden.